Samstag, 25. Juli 2009

Roulette Rückschläge

Lieber Leser,
Sie werden brennend wissen wollen, auf welche Art und Weise
ich soviel Geld in so kurzer Zeit gewinnen konnte. Gab es ein besonderes
System, das mir diese regelmäßigen Roulette Gewinne sicherte, das scheinbar auch
funktionierte, da es über längere Zeit hinweg erfolgreich war?
Ich glaubte es zunächst. Als ich später aber mehr Erkenntnisse hatte, das
heißt nun auch schmerzliche negative Erfahrungen sammeln musste, war mir
klar, dass ich nur zufällig eine sehr erfolgreiche Glückssträhne erwischt hatte.
Die dümmsten Bauern haben eben die größten Kartoffeln oder wie man in
den Philippinen sagt: Die faulsten Affen kennen die süßesten Bananen.
Da ich nicht viel Ahnung hatte vom Spiel mit der kleinen Kugel, spielte ich
natürlich – wie kann es anders sein – stets auf einfache Chancen.
Am Anfang erschien mir "Passe" als die sympathischste aller einfachen
Chancen und setzte konsequent darauf. Wo es nicht auf Anhieb funktionierte
mit dem Gewinn, progressierte, also verdoppelte ich den letzten Einsatz, was
zwar den Herzschlag beschleunigte, aber letztlich immer klappte.
Es dauerte nicht lange und ich gab meine Ressentiments gegen die anderen
einfachen Chancen auf, um auch deren Potential zu nutzen. Das alles mag
sich für einen alten Roulette-Hasen amateurhaft und dilettantisch anhören,
aber ich beschreibe nur, wie ich begonnen habe.
Es ging zunächst auch alles gut. Anfangs, weil ich mit der kleinsten
Stückeinheit spielte und somit das riskierte Gesamtkapital relativ gering war,
später, weil ich ausreichend finanzielle Mittel gewonnen hatte, um auch
längere negative Läufe durchzustehen. Aber auch, weil ich mein Spiel etwas
verfeinerte und nicht mehr indikationslos auf eine Chance setzte.
So lernte ich recht schnell, dass ein wahlloser Einstieg schnell zu einer z.B.
fünffachen Progression führen kann, bis endlich die gesetzte Chance fällt. Da
dachte ich, steig doch erst nach dem fünften Ausbleiben ein, dann sparst du
dir so manche Bauchschmerzen.
Aus meinen Aufzeichnungen (ausgedruckte Permanenzen gab es da noch
nicht) erkannte ich, dass längere Serien (also z.B. 7 Mal hintereinander Rot)
selten sind und wenn sie kommen, nicht von langer Dauer sind, also bald
aufhören. Also hielt ich nach einfachen Chancen Ausschau, die bereits ein
paar mal (mindestens 5, später 6 oder 7 Mal) gefallen waren und setzte auf
das Gegenteil, also auf Abbruch der Serie. Denn jede Serie hört irgendwann
einmal wieder auf.
Damit ging es noch besser und wirklich atemberaubend nach oben. Die
Einsätze wurden immer höher, folglich auch die Tagesgewinnsummen immer
berauschender (bis zu umgerechnet 8.000 Euro pro Abend)!
Bis das Unglück kam in Form von so genannten Platzern. Ich hätte nie
gedacht, dass es überhaupt solche langen Serien geben könne. Man muss
sich vorstellen: Bis dahin hatte ich noch nie verloren, nicht mal eine einzige
Progression abgebrochen.
Aber dann kam jener 9. April.
Ich weiß es noch wie heute.
An einem bestimmten Tisch in Davao City war bereits neunmal Impair
(Englisch: Odd) erschienen, für mich das Signal, schnellstens einzusteigen.
Ich fing mit einem 50er-Jeton an und musste ein paar Mal progressieren, weil
der Lauf doch hartnäckig auf Ungerade verharrte. Aber ich hatte genügend
Geld dabei (über 14.000,-) und an diesem Abend schon gut 3.500,-
gewonnen, so dass ich mich gerüstet fühlte. Doch der Croupier warf weiterhin
nur in die ungeraden Zahlen. Langsam wurde ich unruhig, aus der Unruhe
wurde Angst, aus der Angst Panik und schließlich hatte ich mein letztes Geld
gesetzt, aber weit und breit kein Even (Gerade). Insgesamt erschien hier 19
Mal hintereinander Ungerade. Selbst wenn ich mehr Geld bei mir gehabt
hätte, es hätte mir nicht viel genützt, weil ich beim letzten Satz schon fast das
Maximum erreicht hatte.
Das war ein Schock! Ich hielt mich für unbesiegbar und nun war ich
geschlagen. Eine neue Erfahrung. In 20 Minuten hatte ich verloren, was sich
in vielen Stunden akkumuliert hatte.
Nun gut, dieser Abend war gelaufen, da alles verspielt. Aber ans Aufgeben
verschwendete ich keinen Gedanken. Das war eben ein Betriebsunfall. Mehr
nicht.
Am nächsten Tag holte ich wieder frisches Geld von der Bank und versuchte
mein Glück erneut. Aber in den folgenden Wochen war es nie mehr wie
früher. Vielleicht, weil die Angst vor Totalverlust nun eine andere Dimension
hatte. Ich wusste, was alles möglich war. Mein dilettantisches Roulette System wies
eine gefährliche Schwachstelle auf. Ich war nicht mehr so unbedarft wie zu
Beginn, ich misstraute meinem System, ich glaubte nicht mehr fest daran.
Doch ich spielte meine Masche weiter und gewann wieder viel. Und wieder
verlor ich alles an einem Abend.
Ich begann, neue Spielsysteme zu kreieren oder zu kaufen und
auszuprobieren. Sie liefen eine Zeitlang, bis auch sie an ihre Grenzen
stießen.
Verzweiflung kam langsam auf, denn Freunde und Verwandte hatten mir,
dem erfolgreichen Spieler Geld anvertraut, um an meinen traumhaften
Anfangsrenditen teilzuhaben. Aber ich rutschte immer tiefer ab.
Da wollte es der Zufall, dass ich "Lord", einen alten Bekannten wieder traf
(ausgerechnet in einem Casino, wo ich ihn am wenigsten vermutet hätte). Mit
ihm hatte ich vor Jahren beruflich zu tun. Er war und ist heute noch
Anlageberater und führt eine erfolgreiche Organisation.
Er strahlte an diesem Tag nur so, weniger wegen unseres Wiedersehens,
sondern weil er auf dem Computer seines Unternehmens zum Spaß ein
System durchrechnen ließ und es zum Zeitvertreib hin und wieder selbst
spielte. Er freute sich, dass sich seine Theorie in der Praxis bestätigte. In
zwei Stunden hatte er zwölf Stücke gewonnen und war rundum zufrieden.
In seinem Überschwang war Lord schnell bereit, die revolutionierende
Überlegung zu erläutern, welche dahinter steckte. Ich hörte aufmerksam zu,
zumal auch hier auf einfache Chancen gespielt wurde, behielt die Eckdaten
im Gedächtnis und machte mich zuhause an die Arbeit. Meine Überprüfung
gelangte zu den gleichen positiven Daten. Daraufhin arbeitete ich mir ein
Buchungssystem aus und ging damit in die praktische Erprobung.
Von nun an ging es wieder bergauf. Es war nun ein anderes Spielen als
zuvor, viel Schreib- und Buchungsarbeit, viel Warten, Beobachten und Sichin-
Geduld-Üben, bis der Zeitpunkt zum (letzten Endes stets erfolgreichen)
Angriff gekommen war. Aber es lohnte sich. Das System ließ mich nicht im
Stich.
Ich fing wieder klein an (mit umgerechnet nur 50 Mark!), sparte meine
Gewinne größtenteils an, um anschließend mit höheren Einheiten spielen zu
können und mich weiter emporzuarbeiten.
Durch die höheren Stückeinheiten konnte ich schließlich in der gleichen Zeit
weitaus höhere Einnahmen erzielen. Mein Zeitaufwand betrug
durchschnittlich 3 Stunden, wovon über zwei Drittel mit Warten, Buchen und
Analysieren belegt waren und die eigentliche Spielzeit eher gering war. Dafür
aber umso erfolgreicher. In einer Stunde ließen sich 5 bis 10 Stücke netto
gewinnen, jeweils mit hohem Nominalwert. Ich habe später nie mit Stücken
gespielt, die kleiner als 100 waren, sondern hauptsächlich mit 500ern und
Tausendern (oder dem in dem jeweiligen Casino erlaubten Maximum, z.B. 25
Dollar auf einfache Chancen; auch das gibt es), so dass ich täglich zwischen
500,- und 10.000,- heim tragen konnte.
Finanzielles Überlebens-Trainin